Paul Vietmeier 1892 - 1915
 
         
 

Benachrichtigung von der Front an die Mutter über den Tod Paul Vietmeiers

"Schützengraben, den 14. April 1914[5]. Werte Frau Vietmeier! Es ist ja leider das erste Mal, daß ich Ihnen aus dem Felde schreibe, aber jetzt fühle ich mich dazu gezwungen u. verpflichtet. Ihr lieber Sohn Paul kann Ihnen leider keine tröstliche Mitteilungen mehr zu kommen lassen. So schwer es mir ja wird, so geht's doch nicht anders, Ihnen zu eröffnen, daß Paul gestern morgen von einer tödlichen Kugel getroffen wurde. Es war gegen 1/2 6 Uhr früh, als alles an die Gewehre gerufen wurde. Kurz darauf erhielt Ihr lieber Sohn einen Kopfschuß, infolge er seinen Geist sofort aufgab. Gelitten hat er weiter nicht mehr.  Sein Tod war kurz u. schmerzlos. Das dürfte auch für sie, liebe Frau Vietmeier, einigermaßen beruhigend sein. Wir stehen hier ja alle jede Stunde u. Minute in Todesgefahr u. niemand weiß, wer im nächsten Augenblick getroffen wird. Trösten Sie sich mit Gott, u. ich will wünschen u. hoffen, daß Ihnen Ihre andern Söhne erhalten bleiben. Zu dem schmerzlichen Verluste Ihres Sohnes Paul spreche ich Ihnen wie meiner Kameraden herzlichstes Beileid aus. Ungern haben wir ihn ja auch hier scheiden sehen. Er war allen ein lieber Kamerad. Aber Gott hat es anders gewollt. Auch m. diesem Gedanken trösten sie sich. Er starb ja auch für Sie u. fürs Vaterland. Wann u. wo er beerdigt wird, steht zur Stunde noch nicht fest. Ich werde Ihnen, so Gott es will, in den nächsten Tagen genauere Mitteilungen machen. Bis dahin verbleibe ich unter nochmaliger Versicherung meines herzl. Beileids Ihr G. Havergoh."
Quelle: Stadtarchiv Lemgo NL 65

 
         
 


Foto, dass wahrscheinlich die Beisetzung Paul Vietmeiers auf dem Gemeindefriedhof
Marquillies zeigt. Aufgenommen vom angrenzenden Kirchturm.
 
 
"Marquillies, 15.4.1915. Werte Frau Vietmeier! Sie werden wohl schon erfahren haben, daß Ihr lieber Sohn Paul am 13.4. morgens 6 Uhr gefallen ist. Paul war mein bester Freund, wir waren stets zusammen nur seit ungefähr drei Wochen wurde die Komp. neu eingeteilt, und Paul kam zu einen anderen Zug, aber dennoch statteten wir täglich Besuche ab, um uns gegenseitig die Neuigkeiten aus der Heimat mitzuteilen. Alle Sachen, die Paul bei sich hatte, hab' ich den Kom. Feldwebel abgegeben, hoffentlich sind, oder werden sie noch in Ihren Besitz gelangen. Die Briefe, welche an Paul adressiert sind, und hier ankommen nehme ich an, und sende sie Ihnen zurück. Paul hat es nähmlich so angeordnet, ich sollte alle Seine Sachen annehmen, was Pakete anbelangte, sollte ich behalten. Erlaube mir, die Pakete, welche jetzt noch für Paul ankommen, anzunehmen, und an bedürftige Kameraden zuverteilen. Hoffentlich ist Ihnen das angenehm. Paul ist auf dem Friedhof von Marquillies mit allen militärischen Ehren beerdigt. Wir sind gestern Nach abgelöst, und liegen 4 Tage hier in Ruh. Die ganze Komp. hat an der Beerdigung teil genommen. Morgen werde ich sein Grab in Ordnung machen, und werden Sie in nächster Zeit ein Bild vom Grab erhalten. Ihr ältester Sohn wird mich wohl kennen. Mein Name ist Res. Ernst Stock Lemgo. Teile Ihnen mein tiefgefühltes Beileid mit. Er ruhe in Frieden."
Quelle: Stadtarchiv Lemgo NL 65
 
         
 
 
 
"Halpegarbe, 16.4.15. Liebe Tante! Tieferschüttert habe ich soeben die traurige Kunde von Paul vernommen, Heinrich Niebuhr war eben bei mir. Ich beeile mich, dir meine innigste Teilnahme zu dem überaus schmerzlichen Verluste auszusprechen. Gott möge Dich trösten, es ist sein unerforschlicher Ratschluß und wir wissen nicht, wofür es gut ist. Jedenfalls kannst du stolz auf Paul sein, der bis zuletzt seine Pflicht tat und sein Leben fürs Vaterland ließ. Wer hätte das geahnt, als er mich vor ca. 14 Tagen eines Nachts im Schützengraben besuchte und wir uns mit dem leichthin gesprochenen "Auf Wiedersehn" die Hand gaben! Ja, so ist das Soldatenleben und wer weiß, wie bald es mich trifft. Paul liegt in Marquillies begraben und ich werde bei nächster Gelegenheit sein Grab aufsuchen. Ich habe auch Niebuhr das Versprechen abgenommen, daß das Grab in Ordnung gebracht wird u. möglichst photographiert wird. Ich werde mich davon überzeugen und darum kümmern. Ich glaube, es wird dir zur Freude gereichen, wenn du eine Ansicht vom Grabe erhälst. Ich werde dir noch darüber schreiben. Also nochmals, Gott sei mit dir in deinem Schmerz u. tröste Dich. In tiefem Schmerz u. Beileid verbleibe ich Dein Neffe Edwin. Sprich auch bitte Fritz, Johanne u. Walter mein Beileid aus."
Quelle: Stadtarchiv Lemgo NL 65
 
     
 
 
 

"Gr. Moisuil, d. 24.4.15. Geehrtes Fräulein! Ich erhielt soeben Ihren Brief v. 19.4. u. teile Ihnen hierdurch mit, daß Ihr Paul hinter der Kirche zu Marquillies an der Friedhofsmauer beerdigt liegt. Ich habe von einem Tischler in der Komapgnie ein dauerhaftes Kreuz anfertigen lassen, weiß streichen lassen u. mit schwarzer Lackfarbe stehen darauf die Worte: "Den Heldentod für sein liebes Vaterland starb Gefreiter Vietmeier 11. Komp. I.R. 55 Ruhe sanft!" Das Grab ist also jederzeit zu finden. Der Leichenzug wurde s. Zt. von einem Arzt photographiert, desgl. das Grab. Ich habe einen Unteroffizier beauftragt, Ihnen ein Bild davon zuzusenden, wenn dies irgend angängig ist. Ich kenne genau den Schmerz der Angehörigen, zumal auch ich schon 1 Bruder u. 2 Vettern verlohren habe und bin deshalb stets nach Kräften bestrebt, soweit es sich unter diesen schwierigen Verhältnissen ermöglichen läßt, die Angehörigen durch diesen letzten Liebesdienst zu erfreuen. Leider kann nicht jedem Gefallenem ein so schönes Begräbnis zuteil werden. Wir haben an Ihrem Paul wirklich einen tüchtigen Soldaten u. treuen Kameraden verlohren, der sich allgemeine Beliebtheit erfreute. Mit herzlichem Gruße in stiller Teilnahme Ihr ergebener Hugo Möllenbrok Feldwebel 11/55."
Quelle: Stadtarchiv Lemgo NL 65

 
     
 


Späterer Zustand des Grabes auf dem Friedhof Marquillies.

 

Alle Fotos: Stadtarchiv Lemgo Lemgo NL 65